Wahre Werte


„Kein bloßer Patriotismus“ wird der Band unterstellt. In diesem Lied singen sie „Heimat heißt Volk, Tradition und Sprache – für uns Minderheiten eine Herzenssache“. In der Tat versucht man in Südtirol diese Werte zu bewahren, aus Angst, dass die eigene Tradition verloren geht. Ein politisches Beispiel dafür, Toponomastik (örtliche Namensgebung), ein Wort, das in Südtirol wohl jeder kennt. Unter dem Faschismus wurden örtliche Namen ausnahmslos vom Deutschen ins Italienische übersetzt. Aus Angst diese Namen zu verlieren, diskutiert die Politik mittlerweile seit Jahrzehnten, wie dieses Unrecht rückgängig gemacht werden soll. Im Klartext, welche Orte (Weiler, Flure etc.) eine Übersetzung vertragen und welche nicht. Ein Kompromiss schien vorhanden, bis die Italienische Regierung diesen gerichtlich anfocht.

Wo soll das hinführen, wie weit mit uns gehen, selbst ein Baum ohne Wurzeln kann nicht bestehen“. Nicht zu erkennen ist, wo hier was hinführen soll. Die Band beschreibt, dass für den Bestand der Minderheit Südtirols "Wurzeln" in Form von Tradition, Sprache etc. notwendig sind. Ich beschreibe mich nicht als übermäßig stolzer Südtiroler und habe oft den Eindruck, dass gerade in Südtirol an Traditionen festgehalten wird, um seine Identität nicht zu verlieren – wie ein stark verwurzelter Baum.

"Wann hört ihr auf, eure Heimat zu hassen, wenn ihr euch Ihrer schämt, dann könnt ihr sie doch verlassen" - ein Zitat aus dem Lied, welches heftig formuliert wurde. Burger verteidigt in Interviews die Textstelle mit dem Phänomen, dass die Südtiroler Bevölkerung in Wohlstand lebt und dies oft nicht zu schätzen weiß. Die Formulierung ist radikal, wie so oft in der Musikszene (z.B. deutscher Rap mit Sido und Bushido). Burger vergleicht diese Aussage mit einer Party, die man nicht gut findet: Man kann dennoch bleiben und sich ärgern - oder aber sie einfach verlassen. Man könnte beinahe meinen, ich hätte Burgers Vorschlag befolgt, da ich mittlerweile seit einer Zeit außerhalb Südtirols lebe - dies hat allerdings andere Gründe. Rechtsextremismus ist hier keiner zu erkennen. Zumal die einheimische Bevölkerung angesprochen wird und man die Heimat verlassen kann und nicht soll. Wer will kann natürlich auch andere Interpretationen für sich finden.

Dass die Worte dieses Liedes ganz klar auf Südtirol bezogen sind, erkenne ich in den Sätzen: „Sprache, Brauchtum und Glaube sind Werte der Heimat, ohne sie gehen wir unter, stirbt unser kleines Volk“. Studien belegen, dass Kultur von einer Vielzahl von Dingen beeinflusst wird, z. B. Natur. Sprache ist ein Ausdruck von Kultur, der am offensichtlichsten ist und wurde daher während des Faschismus als erstes unterdrückt. Etwas dermaßen Komplexes wie Kultur definiert sich außerdem in erster Linie durch Brauchtum und Glaube (Religionen beeinflussen nun mal Traditionen rund um den Globus) und Sprache. In Südtirol versucht man wissentlich oder unwissentlich dieses Kulturgut fortleben zu lassen und kann bei jedem Feuerwehrverein oder Musikkapelle erkannt werden.

Weiter im Song:
Dialekte und Umgangssprache
Hielten so lange, so viele Jahre
Bräuche, Geschichten, Kunst und Sagen
Sehe schon die Nachwelt klagen und fragen
Warum habt ihr das verkommen lassen
Die Wurzel des Landes, wie kann man die hassen
Nur um es manchen recht zu machen
Die nur danach trachten, sich selbst zu verachten

Erklärung: Die Strophe setzt sich wiederum mit der Geschichte Südtirols auseinander und ich erkenne auch Kritik an die Südtiroler Regierung (Südtiroler Volkspartei), mit deren Politik sie nicht einverstanden sind. Kritik ist gut, Kritik treibt einen voran. Kritik gibt es in vielen Formen – auch in Musik.

Weiter im Song:
Nicht von gestern, Realisten
Wir hassen Faschisten, Nationalsozialisten
Unsere Heimat hat darunter gelitten
Unser Land war begehrt, umkämpft und umstritten
Patriotismus heißt Heimatliebe
Respekt vor dem Land und Verachtung der Kriege
Wir stehen hier, mit unserem Namen
Wir werden unsere Wurzeln immer bewahren

Erklärung: „Nicht von gestern, Realisten“: Südtiroler, die für eine Abspaltung Südtirols von Italien sind, werden von dem anderen Teil der Bevölkerung oft als „Ewiggestrige“ bezeichnet, oder man argumentiert, dass es nicht realistisch sei. Frei.wild betont hier, dass sie sehr wohl Realisten sind und die beste Lösung für Südtirol noch gefunden werden muss. Es handelt sich von einer Forderung die jedoch ihre Legitimität hat.

Wir hassen Faschisten, Nationalsozialisten – unsere Heimat hat darunter gelitten“. Südtirol wurde vom Faschismus unterdrückt und vom hatte auch vom Nationalsozialismus nichts zu erwarten, wie bereits mehrfach beschrieben. „Unser Land war begehrt, umkämpft und umstritten, Patriotismus heißt Heimatliebe“. Tirol und Südtirol wurde schon oft umkämpft - möglicherweise schon zu Zeiten Ötzis, spätestens während der Römerzeit, über das Mittelalter bis hin zu den Weltkriegen. Großer Widerstand regte sich gegen den Franzosen unter Napoleon. Diesen Widerstand führte „Andreas Hofer“ an, dessen Gedenktag immer noch jährlich gefeiert wird. Wer zu diesem Jahrestag in Südtirol ist, darf sich nicht wundern, wenn überall Tiroler Fahnen gehisst werden (wie übrigens zu jedem Feiertag) und in den Bergen Feuer entzündet werden, Lampen werden in den Bergen installiert, die den Tiroler Adler erkennen lassen etc. Im Video zu dem Song erkennt man auch diesen Brauchtum, der auf den Kampf der Tiroler gegen Napoleon zurückzuführen ist.

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